Gute vorbereitung zahlt sich aus

15.03.2022 von Karsten Altenschmidt

Dass ein guter Pitch im wahrsten Sinne des Wortes die halbe Miete ist, weißt Du schon längst. Theoretisch. In der hektischen Start-Up-Praxis kommt dann doch wieder die one-size-fits-nobody-Standard-Präsentation mit den über-frachteten Folien zum Einsatz. Schließlich kannst Du Dir nicht dauernd Zeit nehmen, einen neuen Pitch zu bauen. Musst Du auch nicht. Wir verraten Dir, wie Du Deinen Pitch auch im hektischen Start-up-Alltag maximal effizient vorbereiten kannst. 

Erstveröffentlichung: Startup Valley Magazin 02/2022 

Gute Vorbereitung zahlt sich aus

Zu allererst: effizient heißt größtmöglicher Nutzen mit geringstnötigem Aufwand, nicht ohne Aufwand. Dein Pitch beginnt deshalb mit der Haltung: entscheide, wie wichtig der Pitch für Dich ist. Ist Dir das Ergebnis egal, kannst Du auf Glück und Zufall hoffen – oder den Pitch direkt sein lassen und Deine Zeit sinnvoller investieren. Ist Dir das Ergebnis wirklich wichtig, mache Dir klar: Du lieferst so gut ab, wie Du Dich vorbereitet hast. Nimm Dir Zeit für eine sorgfältige, individuelle Vorbereitung. Individuelle Vorbereitung heißt vor allem, dass es sich lohnt, jeden Pitch für sich zu betrachten. Planst Du eine Kaltakquise, bewirbst Dich auf eine Förderausschreibung oder hast Du einen Slot auf einem Pitch-Event? Ist Deine Zielgruppe ein Business-Angel, eine Stiftung oder ein Ministerium? Du hast gegründet, weil Du an eine Idee glaubst. Egal ob Honig, App, Biotech, für Dich steht das Produkt (oder Service) im Mittelpunkt. Förderer und Investor:innen haben eigene Motive, die zumeist mehr mit Business und Return on Investment zu tun haben. Sie sind nicht Deine Endkund:innen. Es lohnt sich, früh in Deiner Pitchvorbereitung herauszufinden, welche Werte und (Förder-)Kriterien den Ausschlag geben werden. So kannst Du entscheiden, was Du unbedingt ansprechen musst, aber auch, was Du weglassen kannst, um kürzer und mehr auf den Punkt zu pitchen.

Was Investor:innen sehen müssen / Was nicht wichtig ist, kann raus

Bei vielen Pitches, die ich sehe und begleite, ist das ein ganz wichtiger Aspekt: sie zeigen, was das Start-up für wichtig hält, aber nicht das, was ein:e Investor:in sehen bzw. hören muss. Fünf Folien zur technischen Lösung in Experten-Detail-tiefe vor einem Finanzinvestor, umständliche Herleitung des Genossenschaftsprinzips vor einer einschlägigen Förderbank, wilde Annahmen zur Gesamtmarktgröße vor einem Branchenplayer? Kann raus. Oder zumindest radikal gekürzt werden. Mindestanforderung also auch im hektischsten Start-Up-Tag ist es, Deinen Pitch und Dein Pitch Deck aus Sicht der Zielgruppe anzuschauen und alles zu streichen, was für diese:n konkrete Runde, Ausschreibung oder Termin nicht wichtig ist.

Ob Du bereits ein Pitch Deck hast oder neu beginnst: am besten bleibt der Rechner erst einmal aus und Du benutzt Deinen Kopf, um Deinen Pitch zu entwerfen oder zu überarbeiten. Systematisch steigst Du ein mit einer Kernbotschaft, die Deine Ziele auf den Punkt bringt. Zentrale Frage hier: wenn Du nur einen Satz hättest, wie müsste er lauten? „Wir brauchen Geld für eine Website“, reicht eher nicht, besser ist: „Wir brauchen12.000€, um in den nächsten drei Monaten unser Produktportal aufzubauen.“ Arbeite mit dem Satz, bis er möglichst präzise beschreibt, wozu ihr eigentlich pitchen wollt. Wenn Du ihn aus Adressat:innen-Sicht betrachtest und ausbaust, wirst Du merken, dass er immer komplizierter wird, damit er für Außenstehende verständlich wird. Das ist erst einmal gut so, denn Du findest Antworten auf die wahrscheinlichen Fragen Deines Publikums. Und: Du hast gute Grundlagen, Dich schnell zu entscheiden, wie Du Deinen Pitch aufbauen willst.

Effizient mit Struktur

Hierfür gibt es viele Möglichkeiten, von denen das berühm-te „Storytelling“ nur eine ist. Sineks Golden Circle (Why HowWhat), pyramidaler Aufbau nach Minto oder auch das am Reporting angelehnte SKIN-Modell bieten ausgezeichnete Orientierungspunkte, mit denen Du von Fall zu Fall variieren kannst. Mit wachsender Erfahrung kannst Du Dich von den Formeln, Methoden und Modellen lösen und variieren – immer auf Ziel und Zielgruppe des konkreten Pitches ausgerichtet. Dann – und am besten erst dann – wird es Zeit für die Folien. Wiederverwertung ist natürlich immens zeitsparend, aber Vorsicht vor dem berüchtigten „Folienschubsen“. Gerade bei vollen Slides sind logische Brüche durch Umstellen gut zu erkennen, lenken ab und wirken wenig souverän. Und sowieso, das Thema Folien: Ein Pitch Deck, das Euren Business Plan klar und verständlich in Folien übersetzt, ist Pflichtübung für jedes Start-up. Eine gelungene Präsentationsunterlage wird es erst, wenn Du es mit Deiner Präsentationsstruktur in Einklang bringst und auch hier reduzierst: alles, was nicht gesagt bzw. gezeigt werden muss, kann weg. Aus wahrnehmungspsychologischen und ästhetischen Gründen, aber auch ganz pragmatisch, nämlich um Deinen Pitch besser variieren zu können.

Proben ist ein Muss

Was keinesfalls weg kann: die Probe. Im Team, im Freundeskreis, im Hotelzimmer, notfalls im Zug. Wenn Du Deinen Pitch (laut) durchsprichst, kannst Du logische Brüche entdecken, neue Formulierungen finden, Eure Rollenaufteilung proben und Feedback einholen. Mindestens zweimal Durchsprechen ist die effizienteste Maßnahme, die ich empfehlen kann. Und damit sind wir bei der absoluten notimer-Vorbereitung. Wenn Zeit für nichts anderes ist, mache ein kurzes Brainstorming zu der Frage „Was an unserem Produkt/Service ist für diese konkrete:n Zielperson:en interessant?“ Schaffst Du es, die gefundenen Punkte in Deine Pitch Präsentation einzubauen, kannst Du mit
wachsender Übung und Erfahrung auch spontan den Zielgruppenbezug herstellen. Mehr und ausführliche Tipps, Empfehlungen und Checklisten rundum den optimalen Investorenpitch sowie zum Wettbewerbs- und Elevatorpitch im
Buch „Perfekt im Pitch“ (Funken/Altenschmidt 2021).

Karsten Altenschmidt

Pitch-Coach, Experte für Präsentation, Projektmanagement, Ideation und Leadership. TED-Talk Speaker Coach,
zertifizierter Scrum Master und Leiter des UNIAKTIV-Zentrums, Universität Duisburg-Essen.